Abschied vom Berg – Etappe 6

Wir haben die letzten 7,1 km vor uns. Bevor wir starten geht es noch um das Trinkgeld. Wir bitten Dawson nun alle Porter, den Koch zusammenzurufen. Wir haben bereits am Abend alles vorbereitet und genau überlegt wer wie viel bekommt. Insgesamt hatten uns 7 Leute begleitet. Doch plötzlich stehen da 8 Personen! Irgendwie steht da ein Porter den ich die letzten 6 Tage nicht einmal an unserer Seite oder in den Camps gesehen habe. Ich entscheide mich erstmal den bekannten Gesichtern das entsprechende Trinkgeld zu geben. Dawson bekommt sein Geld als vorletzter, man sieht seinem Gesicht an das er darauf wartet das auch der untergemogelte Porter sein Geld bekommt. Aber für diesen hatte ich nichts vorbereitet. Und so drehe ich mich kurz um noch ein paar Dollar aus meinem Geldbeutel zu ziehen. Ich schau dem Mogelporter in die Augen und drücke ihm Wortlos das Geld in die Hand ohne ihm die Hand zu schütteln.

Dann geht es los, der Weg führt durch den feuchten Regenwald, von allen Bäumen hängen seltsame Geflechte herunter. Ab und zu hört man einer dieser bunten Vögel rufen oder auch mal ein Rascheln im Gebüsch. Wir werden begleitet von Dawson der uns am Wegesrand immer mal wieder etwas Zeigt. Der Weg führt entlang eines kleines Bachlaufes der auch immer wieder kleine Wasserfälle zeigt.

Es ist still, jeder macht sich über die letzten Tage wohl so seine Gedanken. Dann kommt von hinten Freedom der uns ebenfalls die letzten Kilometer begleiten wird. Der Rest der Mannschaft nimmt einen anderen Weg, den Weg der extra für die Porter gemacht wurde, damit der Hauptweg für die Coca Cola Touristen frei bleibt.

Ich bin gerade in Gedanken versunken als es aus Dawson herausplatzt. Er hält uns an und will mit uns beiden etwas besprechen. Er nimmt uns zur Seite und redet in leisem Ton. Wie immer schaut er uns dabei nicht direkt an, ist einer seiner Eigenarten die uns bereits den letzten Tagen aufgefallen ist. Vermutlich hängt das mit seiner Erziehung zusammen, wir sind darüber aber nicht böse sondern respektieren es.

Dann rückt er heraus mit dem was er sagen möchte. Er bittet uns unten am Marangu Gate, wo die Ein- /Ausschreibung stattfindet, wenn wir uns erneut in das Große dicke Buch eintragen bei Nachfrage zu sagen wir wären am Gillmanspoint gewesen (ab Gillmanspoint gilt der Kilimanjaro als Bestiegen). Er erklärt uns das es für Ihn als Guide sehr wichtig sei, da sie entsprechend bewertet und auch bezahlt werden. Vor allem wäre es für seine zukünftigen Touren wichtig. Katja und ich sehen uns kurz an und willigen dann ein. Wir sind uns dessen bewusst welche Tragweite unsere Entscheidung hier haben würde. Da wir mehr als zufrieden mit unseren Guides und den Portern waren, gibt es für uns keinen Grund hier irgendwem etwas hereinzudrücken. Es war auch unsere eigene Entscheidung dem Berg frühzeitig den Rücken zu kehren. Wenn wir es drauf angelegt hätten, könnten wir jetzt sicher evtl. den Gipfel vorweisen, doch um welchen Preis?

Den Rest des Weges sprechen Katja und ich nochmals ausführlich über das Politikum hier am Kilimanjaro, welches uns durch diese Situation noch viel bewusster wird. Wir sind uns nun im klaren darüber das alle Statistiken und Zahlen über Gipfelerfolge am Kilimanjaro nicht echt sind, sondern manipuliert. Unten am Marangu Gate lotst uns Dawson direkt an die Ausschreibung. Er spricht auf Swaheli kurz mit dem dortigen Personal und dieser hält uns das Große Buch unter die Nase, eine kurze Rückfrage wo wir waren lässt uns nun Gillmanspoint antworten.

Wir gehen weiter zum Auto das uns nach Moshi zurückbringen wird, auch die Porter werden noch ein Stück mitfahren. Im Auto liegt der braune Umschlag wo unsere Urkunden enthalten sind. Als wir am Hotel in Moshi ankommen steht hier schon der nette Sales Manager vom ersten Tag und fragt auch sofort bei Dawson nach wo wir waren, er hält ihm den braunen Umschlag unter die Nase und somit ist alles im grünen Bereich. Nachdem unsere Urkunde abgestempelt wird erhalten wir das stück der Politik. Keine Bedeutung für mich oder Katja, aber für Dawson und seine Mannschaft gold wert.

Nach und nach laufen auch die anderen ein die am selben Tag im gleichen Hotel gestartet sind, bekannte Gesichter. Wir essen gemeinsam zu Abend und diskutieren noch lange über das Politikum am Kilimanjaro. Für mich wird an diesem Abend klar das ich zu bekannte Berge in Zukunft eher meiden werde. Auch wenn Tanzania von dem Berg lebt, auch wenn ich gerne mein Geld gerne in diesem Land gelassen habe, auch wenn ich so viele Leute unterstützen konnte, das es am Ende doch nur um Politik geht stößt mir etwas auf.

Klar ist auch das die Geschichten die man um den Berg hört nicht alle der Wahrheit entsprechen, keine Statistik stimmt und der Gipfelerfolg nachweislich nicht der Häufigkeit entspricht wie es propagiert wird.

Wir haben auch am Berg gesehen/gehört wie respektlos andere Nationen mit den Einheimischen umgehen. Geschlagen werden um den Gipfel um jeden Preis zu erreichen. So manche verlassen den Kilimanjaro nicht mehr mit eigenen Füßen. Auch die Todesrate ist wohl deutlich höher als es jemals irgendwo geschrieben stehen wird. Ich bin froh, das ich hinter die Kulissen blicken konnte und heute mein Fazit daraus ziehen kann.

Weiter geht es dann am nächsten Früh mit der Safari.....



4 Kommentare:

wissefux hat gesagt…

sehr schöner bericht mit tollen fotos !
am ende der kili-tour auch eine für mich überraschende erkenntnis. aus sicht der leute dort klar verständlich. hier macht die landespolitik klar einen fehler, indem sie prämien für erfolgreiche guides ausloben. heutzutage müsste man zumindest ein gipfelfoto als beweis verlangen können und nicht bloß auf das vertrauen, was die leute erzählen.
ich hätte den guides auch geholfen und gelogen. das system will es anscheinend so. schade irgendwie ...
wäre der berg aus bergsteigerischer sicht mit einem höheren schwierigkeitsgrad (ich meine jetzt nicht die höhe, sondern den weg dorthin ...) gesegnet, wäre es vielleicht nie zu solch einem politikum gekommen ...

so, jetzt freu ich mich auf die safari-bilder !

blacksurf hat gesagt…

klar da hast du völlig recht!
Der Killi ist bergsteigerisch keine Herausforderung alleine die Höhe stellt das Problem dar.
Unsere Akklimatisierungszeit war etwas zu knapp

Beff hat gesagt…

@coffee: so ein fazit hatte ich von Dir fast erwartet. meines fällt -trotz fehlender eigener Erfahrungen- ziemlich ähnlich aus. Nach einigen Büchern und Internetseiten in dieser Richtung über verschiedenste Besteigungen und den darin teilweise beschriebenen Tatsachen (z.B. Politik, Permits, Müll auf den Bergen, Bertourismus etc.) habe ich die Akte "Expeditionen" für mich gar nicht erst aufgemacht.

Mit zuvielem käme ich dort nicht klar....

@Blacksurf: Ich habe ziemlich zeitgleich mit dem KiliBericht von euch und euren Problemen in den Höhen die neueste Ausgabe der ALPIN gekauft. Dort war/ist ein Bericht über Akklimatisation drin ... der Deine Aussage deutlich stützt. Eure Akklimatisierungszeit war ERHEBLICH zu kurz.

blacksurf hat gesagt…

naja die Akte nicht aufzumachen wäre schade,
man muss nur abseits der ausgetretenen Pfade suchen…
Schon alleine die Routenwahl ist entscheidend und das Unternehmen.
Ein Freund von mir war in Tibet unterwegs von Deutschland aus organisiert und vor Ort war es ein tibetanisches Unternehmen. Ganz wichtig zb. weil die Chinesen versuchen die Tibetaner zu unterdrücken.
Die Chinesen haben Kloster etc. zerstört und bauen sie jetzt wieder auf weil sie merken der Tourismus ist lugrativ. So entsteht ein chinesisches Disneyland…